Fast 60.000 Menschen sollen auf dem 1,9km langen Kurs in der Innenstadt von Luxembourg gewesen sein. Diese feierten ihre tragischen Tour Helden Fränk und Andy Schleck. Fränk stürzte auf der „Paris Roubaix“ Etappe und musste die Tour frühzeitig beenden. Andy wurde mit 39 Sekunden Rückstand zweiter hinter Alberto Contador. Es waren genau jene 39 Sekunden, die er bei einem Defekt auf Contador verlor...
Nach der Tour de France finden in vielen Ländern der Welt die sogenannten Nachtour-Kriterien statt. Kurze Rundkurse in den Innenstädten bieten den Fans eine gute Möglichkeit, die Fahrer der Tour auch in ihrer Heimat live zu erleben. Alpe d´Huez direkt vor der Haustür. Die Radsportverrückten Luxembourger sorgten für eine gigantische Atmosphäre und machten die Innenstadt zum brodelnden Stadion. Neben den Schleck Brüdern waren weitere namhafte Profis am Start. Darunter z.B. der ehemalige Weltmeister Alessandro Ballan, Nicolas Roche aus Irland, die deutschen Tony Martin, Fabian Wegmann und Johannes Fröhlinger oder der belgische Meister Stijn Devolder. Für Oliver Corpus und Matthias Schnapka war es eine besondere Ehre das BIKE-AID Trikot neben den namhaften Profis zu präsentieren.
Bereits etliche Stunden vor dem Start sicherten sich die Zuschauer die besten Plätze an der Strecke. Vor dem Hotel der Fahrer drängten sich die Fans ebenfalls stundenlang um Autogramme zu bekommen und Absperrgitter hielten den Eingang frei. Auf dem offenen Deck eines Doppeldeckerbus wurden die Schleck Brüder und die weiteren Luxembourger Protour Fahrer Laurent Didier und Ben Gastauer durch die jubelnde Menge gefahren. Irgendwie erwartete man immer auf den Aufritt von Kevin Costner oder Cameron Diaz, aber das es sich um ein Radrennen handeln sollte, aus deutscher Sicht kaum vorstellbar.
Wann gab es im Saarland zuletzt ein Sportereignis mit so vielen Zuschauern? Ah, da war doch mal was. 2002 gab es sogar eine Tour de France Etappe im Saarland. Bis zu 1 Million Zuschauer sollen es gewesen sein, auch ohne Jan Ullrich im Rennen. Aber irgendwann kamen die deutschen Medien auf die Idee, die Wurzel allen gesellschaftlichen Übels im Radsport gefunden zu haben. In Krisenmanagement und Medienarbeit nicht ganz so clevere Personen aus den inneren Radsportkreisen unterstützten diesen Eindruck. Jede Verhältnismäßigkeit wurde über Bord geschmissen. Im Radsport liegt sicher viel im Argen. Aber eben nicht mehr, wie überall in der Gesellschaft. Nun ist der Radsport in Deutschland tot, etwas überspitzt ausgedrückt. Zumindest den Teil, den man organisierten Rennsport nennt. Die Medienvertreter wollen zwar die Ansicht verbreiten, es sei überall so und reiben sich verständnislos die Augen angesichts der Zuschauermassen beim Giro dieses Jahr in Holland oder bei der Tour de France im Norden Frankreichs. Vielleicht ist die Situation in Deutschland aber auch nicht so schlecht, bietet es doch irgendwann in der Zukunft die Möglichkeit einer Neuentwicklung.
Solange bieten sich außerhalb genügend Möglichkeiten die Faszination Radsport zu erleben. Wer schon mal einen Klassiker in Belgien, Frankreich, Italien oder gar eine Tour Etappe in den Alpen erleben durfte, weiß was Radsport bewegen kann. Welch einmalig positive Atmosphäre sich zwischen hunderttausenden von Menschen entwickeln kann, zeigt sich bei den Bergetappen. Man sagt, Radsport ist die einzige Sportart, welche den Zuschauer adelt. Radsport kommt zum Zuschauer, macht ihn zum Teil des Ereignisses und er hat jederzeit die Möglichkeit das Geschehen zu beeinflussen und den Helden zu stürzen. Aber es bleibt friedlich. In den Medien mag es oft anders ausschauen, aber regelmäßig belegen Umfragen, dass Radsport die mit Abstand beliebteste Freizeitsportart der Deutschen ist. Es bieten sich für jeden viele Möglichkeiten, Radsport auf seine individuelle Art und Weise zu erleben. Man lebt eindeutig besser, wenn man sich mehr an den schönen Dingen erfreut, als alles schlecht zu reden. Radsport ist eine gute Möglichkeit dazu, deswegen: keep on riding!