Nach aktuellem Stand sind die Deutschen Meisterschaften das einzige Rennen des internationalen Kalenders, welches 2020 hierzulande ausgetragen wird. Um so höher die Priorität gerade für viele kleine Teams, da sonst keinerlei Möglichkeiten sich im Heimatland in Szene zu setzten.
Die BIKE AID Fahrer reisten mit gemischten Gefühlen nach Sachsen. In den letzten 3 Wochen hatte das Team bereits ein umfangreiches internationales Rennprogramm absolviert mit Rundfahrten in Rumänien, Frankreich und Polen.
Von der letzten Rundfahrt in Polen musste das Team allerdings enttäuscht heimreisen. Ein Rennen mit grenzwertiger Streckenführung und großen Mängeln an der Absicherung. Der Veranstalter glorifizierte mit dem Rennen einen Krieg und mit absoluter Ernsthaftigkeit schwadronierte er mit Kriegsvokabular in der Öffentlichkeitsarbeit, er wollte möglichst viel gefährliche Dramatik. Wie dutzende andere Fahrer auch, wich Lucas Carstensen auf der ersten Etappe gelegentlich auf den Gehweg aus, um Stürzen und Defekten auf einer durch eine Baustelle völlig aufgerissen Straße auszuweichen. Eine Straße, die absolut nichts in einem Radrennen verloren hat, schon garnicht auf einem Rundkurs wenige Kilometer vor dem Ziel. Allerdings wurde Lucas als einziger für diesen Vergehen disqualifiziert. Ja, das befahren des Gehwegs ist ein klarer Regelverstoß, aber es galt wie so oft nicht gleiches Recht für alle und in Anbetracht einer unzumutbaren Straße hätte man auch anders entscheiden können.
Mit Lucas als Sprinter und Mann für die Ergebnisse war das Team nach Polen angereist und so fehlte dem Team das sportliche Ziel auf den weiteren Etappen. Die unnötigen Gefahren des Rennens trugen ihr übriges dazu bei, dass man eher misswillig das Rennen zu Ende fuhr.
Mit diesem Frust reiste Lucas allerdings zum Sachsenring an, mit dem festen Willen ein gutes Ergebnis abzuliefern. Unter normalen Umständen sollte eine solche Strecke nicht die erste Wahl für ein Straßenrennen sein. Aber Coronabedingt ist es ungemein schwer, die Behörden von einer Genehmigung zu überzeugen. Das was die Atmosphäre bei Radrennen eigentlich ausmacht, die Enge und Nähe der Fans am Berg, auf Tuchfühlung mit dem Geschehen, all das passt nicht zurecht in die Corona Zeit. So ist die Weite und damit gewissermaßen Trostlosigkeit einer Motor-Rennstrecke irgendwie genau passend für Corona.
Das Rennen verlief einer Motor-Rennstrecke gemäß wenig Spektakulär, wenngleich die zahlreichen kurzen Anstiege das Rennen durchaus schwer machten. Knapp 3.800 Höhenmeter auf einem 3,5km Rundkurs klingen sonderbar.
Im Finale auf den letzten 5 Runden konnte Nikodemus Holler mit einer Solo Attacke die favorisierten Bora Jungs etwas unter Zugzwang bringen, wurde aber bald wieder eingeholt. Im Zielsprint glaubten dann alle an einen überragenden Bora Sieger, jedoch musste sich Pascal Ackermann überraschend Marcel Meisen geschlagen geben.
Lucas Carstensen lieferte souverän ab und belegte am Ende einen sechsten Platz. Auf Tuchfühlung zu einem Podiumsplatz ist das vielleicht erst einmal etwas enttäuschend. Aber mit etwas Abstand sieht die Sache anders aus, hat er damit doch erneut unter Beweis gestellt, zu den besten Sprinter hierzulande zu gehören. Auch Nikodemus Holler konnte sich am Ende noch mal etwas fangen und sprintete auf Platz 17, womit die Ausbeute für BIKE AID absolut überzeugend ist.