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Kirsten und Harry bei der Transalp 2010

Freitag, Aug 13, 2010 in Community

Nach Teilnahmen in 2004 und 2005 war es dieses Jahr wieder mal an der Zeit uns der Konkurrenz in der Mixed-Kategorie zu stellen und wir ergatterten einen Startplatz für die Craft Bike Transalp 2010. (Alle Bilder von sportograf - Vielen Dank!)
Knapp 600 km und 19.700 hm sollten bewältigt werden. Der Startschuss fiel dieses Jahr in Füssen und die Etappen führten über Imst – Ischgl – Scuol – Livigno – Ponte di Legno – Male – Madonna D.C. nach Riva del Garda.

Als Vorbereitung hatten wir ja bereits die Trans Germany bestritten, aber diese fällt im direkten Vergleich zur Transalp doch eher unter die Kategorie „Kindergeburtstag“. Soviel schon mal vorneweg: Das Wetter meinte es gut mit uns und erinnerte nur auf einer Etappe an die Wetterkapriolen der Trans Germany. Ansonsten wurden wir durchweg mit Sonnenschein, warmen Temperaturen und super Fernsichten verwöhnt. Dadurch wurden uns die Strapazen wenigstens etwas versüßt.

Wir reisten bereits donnerstags in Füssen an, um ohne Stress die Akkreditierung hinter uns zu bringen und die ersten Kilometer der Start-Etappe unter die Stollen zu nehmen. Diese führten direkt an den „Touri-Burgen“ Neuschwanstein und Hohenschwangau vorbei. Wir konnten uns kaum einen Weg durch die internationalen Touristenschwärme bahnen und waren schon ganz gespannt, wie diese am Renntag „aus dem Weg geräumt“ werden sollten.

Pünktlich um 09:30 fiel dann samstags der Startschuss zur 1. Etappe. Hier ging es bereits richtig zur Sache. Der erste Teil war mit 84km und 2.100 hm als leichteste Etappe deklariert, aufgrund des hohen Tempos konnte man aber durchaus anderer Meinung sein. Wie dem auch sei, wir kamen gut in Imst an und waren auch mit unserer Platzierung sehr zufrieden, mussten wir doch bereits am ersten Tag feststellen, dass das Niveau solcher Etappenrennen von Jahr zu Jahr höher wird und wir leider nicht jünger. Da es in der Mixed-Kategorie keine Alterswertung gibt, mussten wir uns mit ziemlich jungen Hüpfern messenJ  Dann am Nachmittag der erste Schreck. Harry klagte bereits seit Freitagabend über Zahnschmerzen, die sich nun im Laufe des Tages erheblich verschlimmert hatten. Dank einer sehr engagierten Hotelwirtin gelang es uns, noch gegen 18:00 Uhr einen ortsansässigen Zahnarzt zu mobilisieren, der erst einmal eine Wurzelbehandlung durchführte. Nach zwei Stunden konnte Kirsten ihn mit dicker Backe und voll gepumpt mit Schmerzmitteln wieder in Empfang nehmen. Keine guten Aussichten für die nächsten Etappen!

Am nächsten Morgen standen wir dem weiteren Rennverlauf entsprechend skeptisch gegenüber. Mit ausreichend Schmerzmitteln versorgt (fällt dies eigentlich unter Doping?) machten wir uns auf zum Start. Wer uns kennt, weiß, dass keine Rede sein kann von solchen Dingen wie „das Rennen ruhiger angehen lassen“ –  „erst mal sehen, was der Zahn macht“. Vom Start weg wurde wieder ein hohes Tempo angeschlagen. Die Plätze in der Mixed-Kategorie waren hart umkämpft. Zwischen den einzelnen Teams in unserer Liga sollten bis zum Schluss nur Minutenabstände bestehen. Unser erklärtes Ziel war es, bis zur letzten Etappe in Startblock B zu verweilen (alle Mixed-Teams von Platz 15 – 30); was wir auch umsetzen konnten. Trotz Zahnschmerzen haben wir auch diese Etappe überstanden.

In den nächsten Tagen wurden die Zahnschmerzen immer weniger, dafür wurden wir immer müder, die Beine immer schwerer. Die Strecken waren alle landschaftlich sehr imposant (soweit wir dies beurteilen können, im Rennstress hat man nicht immer den Blick für die Schönheiten der Natur) aber sowohl technisch als auch konditionell sehr fordernd.

Das aus unserer Sicht beste Ergebnis haben wir bei der Königsetappe von Livigno nach Ponte di Legno über 107km und 3.461hm eingefahren. Die Strecke führte im ersten Teil über steile Schotterpisten und Singletrails sowie anspruchsvolle Abfahrten zum letzten Anstieg. Hier war der Passo Mortirolo (bekannt aus dem Giro d’Italia) zu bewältigen: über 1.500 hm mit einer durchschnittlichen Steigung von 18%. Bereits am morgen hat der Rennleiter Uli Stanciu darauf hingewiesen, dass diese Etappe sehr hart wird und wohl manches Team an seine Grenzen kommen wird. Er sollte Recht behalten. Gemeinerweise musste dann nach der letzten Abfahrt bis zur Zielankunft noch ein Uphill über 200hm bewältigt werden, der auch uns dann die letzten Körner gekostet hat. Nur eine Bemerkung am Rande: das letzte Team fuhr an diesem Tag um 21:40 Uhr ins Ziel – an Regeneration ist da nicht mehr zu denken.

Auch von Defekten blieben wir leider nicht ganz verschont. In der 6. Etappe sollte es Harry erwischen. Kirsten hatte bereits in der Abfahrt die meisten Mixed-Teams, die berghoch etwas schneller waren, wieder eingesammelt, als das Hinterrad von Harry plötzlich platt war. Schnell einen Schlauch eingezogen und versucht Kirsten wieder einzusammeln. Diese war ca. 4 km bis zur Verpflegungsstelle weitergefahren und musste dort warten, da eine Zwischenzeitnahme erfolgte (beide Teampartner müssen gemeinsam unterwegs sein, bei jeder Zeitnahme dürfen max. 2 Minuten Differenz zwischen den beiden liegen). Nach ca. 15 Minuten tauchte dann auch Harry völlig entnervt auf. Der komplette Reifen war auf einer Länge von ca. 4cm aufgeschlitzt. Gott sei Dank konnten wir an der Verpflegungsstation den allerletzten!!! Mantel ergattern und nach einem Reifenwechsel in Rekordzeit unsere Fahrt fortsetzen. Für die folgenden Etappen hatten wir nun immer einen Ersatzreifen dabei. Man lernt halt nie aus! Auf der dann folgenden Aufholjagd unterlief Harry noch ein kleiner Fahrfehler. Ein Bachbett und ein paar unentschlossene Fahrer (soll ich jetzt die Brücke nehmen oder nasse Füsse riskieren?) versperrten etwas die Idealspur. Harry reagiert schnell und fährt mit vollem Einsatz durch das Bachbett; leider kam direkt im Anschluss ein Schlammloch, welches er an der tiefsten Stelle erwischte. Was nun folgte, kann man leider nur sehr bruchstückhaft beschreiben: Gabel ist eingefedert, Harry fliegt im Zeitlupentempo über den Lenker und landet im Schlammloch. So schnell war er noch nie auf dem Fahrrad. Leider handelte es sich um eine Mischung aus Schlamm und Gülle; den Rest des Weges hatten wir immer viel Platz um uns herum.

Auf der vorletzten Etappe von Male nach Madonna D.C. sollte es der Wettergott nicht so gut mit uns meinen. Kaum auf dem Gipfel angekommen, ging ein heftiger Wolkenbruch nieder, der die komplette Abfahrt in eine einzige Schlammspur verwandelte. Unglücklicherweise mussten auch noch einige Singletrails mit Wurzelpassagen bewältigt werden, was bei diesen Verhältnissen nicht gerade ein Spaß war. Aber trotz allem sind wir gesund im Ziel angekommen und nach einer heißen Dusche war alles nur noch halb so schlimm. Wir haben dieses Jahr schließlich schon schlimmeres erlebt.

Die letzte Etappe von Madonna D.C. nach Riva del Garda fand dann wieder bei bestem Wetter statt. 75km und knapp 1.800hm versprachen dann auch nicht gerade eine Erholungsetappe zu werden, zumal am letzten Tag auf einmal wieder alle die letzten Kräfte mobilisiert haben und von Beginn an ein hohes Tempo eingeschlagen wurde. Auf dem letzten Singletrail (für alle die sich auskennen: der Sentiero 409) konnten wir nochmals unsere Stärke ausspielen. Wir waren einige der wenigen Teams, die diesen Trail komplett gefahren sind (gehen war zu schwierigJ).

Unsere relativ konstanten Platzierungen in den 8 Etappen bedeuteten dann letztendlich der 20. Rang in der Mixed-Kategorie (Platz 222 über alle Teams und Kategorien hinweg von 600 in Füssen gestarteten Teams).

Nettes Treffen am Rande: im Ziel werden wir doch tatsächlich von zwei „Bike-Aidianern“ beglückwünscht, die gerade ihre private Transalp in Riva beendet hatten (die Namen sind uns leider entfallen; wir bitten um Verständnis: nach 8 Etappen stand es um die Sauerstoffversorgung im Gehirn nicht mehr zum Besten).

Fazit:

Es war mal wieder ein hartes Stück Arbeit und wir sind froh in Riva heil und ohne größere Blessuren (im Gegensatz zu vielen Mitstreitern) angekommen zu sein. Wir haben wieder mal gesehen: man gewinnt die Rennen nicht alleine durch berghoch fahren. Wir konnten auf jeder Etappe etliche Minuten auf unserer Konkurrenz in den Downhill-Passagen gut machen. Wir haben viele nette Leute kennen gelernt und alte Bekannte getroffen. Obwohl man nicht viel von der Landschaft mitbekommt, übt dieses Etappenrennen doch seinen ganz eigenen Reiz aus.

Ob wir uns diese (Tor)Tour wieder antun werden, steht in den Sternen. Aber man soll ja nie „nie“ sagen …