Die „Schleusen“ waren zeitweise richtig weit geöffnet; mit „null“ Sicht wurde das Fahren in der Gruppe zur Höchststrafe. Eine Wetterberuhigung setzte erst am Einstieg zum ersten richtigen Berg – dem Hahntennjoch – ein. Wenigstens blieben wir dort von oben trocken. Zum Einstieg erreichten wir auf der ersten Etappe einen 32. Platz. Mit diesem Ergebnis waren wir super happy, zumal wir bereits am ersten Tag feststellen konnten, dass die Mixed-Wertung super stark besetzt ist (auch wenn hier oftmals durch Schieben nachgeholfen wird). Unser Vorsatz locker zu fahren, da das Rennrad-Rennen ja eigentlich nur als Entrée zur Bike-Transalp dienen soll, wurde allerdings schon in den ersten Rennminuten über den Haufen geworfen. Der Rennmodus wurde dann doch eingeschaltet.
Am zweiten Tag erwartete uns dann das Kontrastprogramm: Sonniges, heißes Wetter, strahlend blauer Himmel. Ab Start in Imst ging es ca. 70km mit wechselnder Steigung zum Timmelsjoch. Wir hatten zu kämpfen; vom Start weg wird hier gefahren, als wenn es kein Morgen gäbe. In der dann folgenden langen Abfahrt nach St. Leonhard konnten wir wieder einige Plätze gut machen (Mountainbiker sind wohl doch die besseren Bergab-Fahrer). Nach einer Hatz durchs Vinschgau und ein paar super steilen „Hügeln“ zum Abschluss, konnten wir dann auf Platz 28 ins Ziel einfahren.
Am dritten Tag wurde das Wetter dann wieder schlechter. War der Start noch trocken, setzte am ersten Anstieg Starkregen an. Bei Steigungen von 14% oder mehr und noch angenehmen Temperaturen auf der Vinschgauer Höhenstraße ist die Nässe dann direkt wieder verdampft. Nach einer ersten kurzen Abfahrt ging es wie mit einem D-Zug bis zum Anstieg des berühmt berüchtigten Stilfserjoch. 1.750hm am Stück – ein hartes Stück Arbeit. Wir haben unseren Rhythmus gefunden und uns durchgekämpft bis zum Gipfel – im Trockenen. Voller Freude wollten wir uns in die abschließende Abfahrt nach Bormio stürzen, da öffnete der Wettergott wieder alle Schleusen: 4 Grad, Starkregen und Nebel auf einer relativ kurvigen Abfahrt sind wahrlich kein Vergnügen. Durchgefroren und nass bis auf die Haut erreichten wir auf Platz 30 das Ziel. Im Gegensatz zu einigen Mitstreitern, die völlig erfroren in goldene Decken eingehüllt im Zielbereich rumliefen, konnten wir die Strapazen noch relativ gut wegstecken.
Am 4. Tag stand dann die Königsetappe auf dem Programm (135km/3.479hm). Bereits in Nacht schüttete es wie aus Kübeln, ein Gewitter reihte sich an das nächste. Dies sollte sich auch nicht mehr bis zum Start um 09:00 Uhr ändern. Die Motivation hielt sich in Grenzen. War es in Bormio noch relativ warm (10 Grad), wussten wir, was uns auf dem Umbrailpass in 2.500m Höhe erwarten würde. Pünktlich zum Startschuss setzte Blitz, Donner und Starkregen ein. Trotzdem wird tapfer in die Pedale getreten. Zuerst ein 20km langer Anstieg: es schüttet, es wird kälter, ganze Sturzbäche kommen uns auf der Straße entgegen. Nach ca. 17 km kamen uns ganze Gruppen von Rennradfahrern entgegen: Rennabbruch! Starker Wind, Temperaturen jenseits der 0 Grad-Grenze, Starkregen, Hagel und keine Besserung in Sicht haben zu dieser Entscheidung geführt. Die dann folgende Abfahrt ist der Horror; es ist kalt, sehr kalt. Wir fahren erst mal ins Hotel – unsere Begleitmannschaft ist natürlich schon auf dem Weg nach Livigno, dem nächsten Etappenort. Das Hotel ist so freundlich, uns mit Handtüchern und warmen Getränken zu versorgen. Wir sitzen in voller Montur in der Sauna, um uns aufzuwärmen. Der Veranstalter organisiert den Transport in Bussen nach Livigno. Dies dauert natürlich seine Zeit. Harry wird ungeduldig, das Wetter wird etwas besser. Es kommt wie es kommen muss: es sind ja nur 30 km bis Livigno; wir fahren mit dem Bike. Dass auch noch 1.500hm zu bewältigen sind, verschweigen wir an dieser Stelle mal lieber. Leider dann das gleiche Spiel wie am Morgen: auf halber Strecke setzt Starkregen ein, die Sicht wird immer schlechter, es wird immer kälter. Zum zweiten Mal an diesem Tag stranden wir mit Schüttelfrost im Hotel. Kirstens Flüche während der Fahrt nach Livigno klammern wir hier mal aus; unser Motto „Nur die Liebe zählt“ wurde hier auf eine harte Probe gestellt.
Die nächste Etappe ist schnell erzählt. Aufgrund der Wetteraussichten wurde die komplette Etappe abgesagt und ein Bustransfer für Teilnehmer und Bikes nach Aprica organisiert. Wie kann es anders sein: am nächsten Tag war es zwar kalt aber erst mal trocken; man hätte eigentlich fahren können. So besteht der Tag nur aus 2,5h Bustransfer, rumgammeln, essen, trinken, Massage. Alles in allem steht nun folgendes zu Buche: 3 Etappen wie geplant gefahren, 1 Etappe abgebrochen, 1 Etappe ausgefallen. Könnte schlimmer sein.
Am darauffolgenden Tag sind alle heiß, wieder in die Pedale zu treten. Dies sieht man schon auf den ersten Kilometern, leicht bergab in der neutralisierten Phase. Nach ca. 5 km setzt wieder Regen ein, der aber Gott sei Dank recht schnell wieder aufhört. Nach ca. 45 km rasanter Bergabfahrt geht es in den ersten und einzigen „richtigen“ Anstieg dieser Etappe. Ist es im Tal noch warm, fängt es in ca. 1.000m Höhe wieder an zu regnen und es wird kalt (ca. 4 Grad). Der Regen begleitet uns noch die komplette Abfahrt; hier können wir wieder einige Teams auffahren. Wir belegen heute den 26. Platz und liegen über alle Etappen hinweg auf dem 25. Platz. Unsere beste Platzierung bisher.
Die letzte Etappe steht auf dem Programm. Wenigstens hier hatte der Wettergott ein Einsehen und bescherte uns Sonne und warme Temperaturen. Am Abend vorher wurde noch eine Streckenänderung bekannt gegeben. Wir müssen jetzt noch 100km und 2.300hm bis zum Ziel in Arco bewältigen. Die Fahrt ist schnell erzählt: wir waren heute müde, sehr müde; die Beine wollten nicht mehr so recht. Zum Abschluss haben sich die Streckenplaner noch mal ein paar ganz gemeine Wadenbeißer ausgesucht: alle Berge waren steil, sehr steil; in der Spitze lagen wir bei über 20% Steigung. Die abschließende Abfahrt über den Tenno-See nach Arco war dann ein Gänsehaut-Erlebnis. Die ersten Blicke auf den Gardasee haben uns wieder für alle Strapazen entschädigt. Trotz kurzzeitiger Hänger auf der letzten Etappe konnten wir das Rennen auf dem 27. Platz beenden.
Alles in allem war es auch aufgrund der Wetterbedingungen eine sehr fordernde Geschichte. Wir hoffen, dass wir uns jetzt schnell erholen und die Bike Transalp bei besserem Wetter erleben werden.