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BERICHT: R - wie Rennsteig

Freitag, Okt 23, 2009 in Community

Es müssen ja nicht immer die Alpen sein. Wie wäre es zum Beispiel, wenn man den thüringischen Rennsteig mit seinem Bike unter die Stollen nähme? Das haben wir im Mai 2009 getan.
1. Tag Eisenach - Oberhof
Um es vorweg zu nehmen: der Rennsteig Tourismus ist sehr gut organisiert, egal ob man nun Biker oder Walker ist. Wir fahren mit dem Auto zu unserem Endpunkt der Route, nach Blankenstein, dann werden wir von einem lokalen Veranstalter per Bus mitsamt Gepäck und Bikes nach Eisenach verfrachtet. Dort soll unsere 3-Tages Tour am nächsten Tag beginnen.

Irgendwann im Verlauf des Abends hat sich die gesamte Mannschaft, bestehend aus 11 Mann dann eingefunden und wir sitzen in unseren BIKE-AID Trikots beim Dinner auf der Wartburg, sehr schön und sehr hoch über dem Thüringer Wald. Was in grauer Vorzeit für Luther und Goethe ein geeignetes Ambiente war, das kommt uns Bikern gerade recht.

Ungemütlich wird es in den nächsten Tagen ohnehin noch werden. Der Rennsteig, als Höhen- und Gipfelweg macht seinem Namen nicht unbedingt Ehre durch liebliches Wetter.

Bei trübem Wetter starten wir zur ersten Etappe. Bereits nach wenigen Metern sind wird im tiefen Thüringer Wald rund um die Wartburg. Es dauert einige Zeit bis wir auf den rechten Pfad, dem mit dem weißen "R", finden. Aber dann geht es zügig voran. Bis zur Mittagspause auch ohne Regen.

Wir verbringen die Mittagspause in einem urigen Gasthaus hoch auf dem Rennsteig. Die beredte Wirtin bietet uns landestypische Gerichte, im wesentlichen die Thüringer-Bratwurst, an. Dazu wird noch eine Gruppe, ebenfalls dort verweilender Krankenschwestern angepriesen. Das Angebot der Bratwürste nehmen wir jedenfalls dankend an ….

Selten haben wir in einer Pause so viel gelacht wie an diesem Tag. Sicherlich lag dies auch an den Ausführungen unseres Guides Joachim, der uns wichtige Sportler- und Lebensweisheiten mit auf dem Weg gibt. Beispielsweise wird sich jeder Teilnehmer bis an sein Lebensende daran erinnern was ein "Schurz" ist. Die Etikette verbietet es, das Thema an dieser Stelle zu vertiefen.

Derweil unsere Gemüter immer sonniger werden, trübt - oder besser - nässt das Wetter zusehends ein. Irgendwann hilft alles nichts mehr. Wir torkeln in den Regen und nehmen den Rest des Weges in Angriff. Er soll im thüringischen Wintersportzentrum Oberhof enden. Keine 5 Stunden später endet er dort auch wirklich, und es war Wintersport im wahrsten Wortsinn. Unser Weg führte uns ständig über ausgesetzte Höhenlagen und es wird vorrückender Stunde immer ungemütlicher. Naß ohne Ende und bitter frierend kommen wir in Oberhof an. Im Hotel selbst könnte man, ohne weitere Umbauten sofort einen DDR-Nostalgie-Fim drehen. Uns gelüstet es allerdings eher nach einer heißen Dusche. Die meisten von uns stellen sich samt Rucksack und völlig verdreckten Klamotten in die Dusche - das immer noch besser als die Renovierung für ein komplettes Hotelzimmer auf der Rechnung zu finden.

Das Abendessen besteht aus einem rustikalen Buffet auf dem auch reichlich thüringische Spezialitäten sind (… im Wesentlichet Bratwurst). Das kommt gerade Recht für uns. Der eine oder andere von uns (… an diesem Abend eigentlich nur einer) interessiert sich sehr für den Weinkeller. Irgendwann geht aber jeder Vorrat mal zur Neige - und man kann nur noch zu Bett "gehen".

2. Tag Oberhof - Neuhaus a.R.
Zweiter Tag, strahlendem Sonnenschein, ebenfalls sehr frisch.
Die Fahrt über die Thüringer Höhen ist landschaftlich abwechslungsreich. Ständig kann man sich entscheiden, ob man auf dem ausgebauten Rennsteig Radweg bleibt oder den trailigen Fußweg nimmt. Auffallend, daß es keinerlei Animositäten oder Wortgefechte mit Wanderen gibt. Im Gegenteil: ständig begegnet ma sich mit "Gut Runst", dem typischen Rennsteiggruß.

Irgendwann, auf einem der seltenen Asphaltabschnitte, beschließt Norbert, seine Digitalkamera dem ultimativen Crashhtest zu unterziehen. Die Überfahrt eines nachfolgenden Autos übersteht das Gerät ohne Klagen, mit wenigen Dellen. Norbert ist entrüstet wie jeamnd es wagen kann, eine auf der Strasse liegende Kamera zu überfahren. Schließlich ist das Ding doch fast so groß wie eine - Streichholzschachtel. Von der Einleitung weitreichender juristischer Schritte ist er erst nach einer Gruppentherapie zu überzeugen.

An einer größeren Strassenkreuzung, unweit unseres heutigen Etappenziels finden wir dann Willi, der die berühmten Thüringer Spezialitäten auf einer Wiese feilbietet. Mit 11 Bratwürsten scheint er zunächst allerdings etwas überfordert. 3 Würste hat er sofort, der Rest folgt später. Es ist mittlerweile sonnig und warm - und das Warten lohnt sich. Willi Würste, sind köstlich und Willi wird unser "King-of-Bratwurschd".

Der "King-of-Bike" ist ganz eindeutig Andreas, der noch nie auf einem Mountainbike saß und nun mit einem Hardtail stundenlang über die glitschigen Wurzeln holpert und dabei permanent gut gelaunt ist. Wir ziehen unseren Helm!

Wir übernachten in einem vorzüglichen Hotel in Neuhaus. Mein Zimmer zeigt zur Strasse und wohlweislich hat man zwei rote Ohrstöpsel auf das Kopfkissen gelegt. Mit diesen im Ohr und einem wunderbaren Abendessen im Bauch war es eine angenehme Übernachtung.

3. Tag Neuhaus a.R. - Blankenstein
Der letzte Tag führ uns bei trockenem aber trüben Wetter weiter in Richtung Blankenstein. Jetzt wird es wirklich historisch-nostalgisch. Mehrmals wechselt der Verlauf des Rennsteig über die ehemalige Zonengrenze, sehr gut zu erkennen an den Panzertrassen die man mehrmals quert. In diesem Bereich verläuft der Rennsteig mehrmals auf bayerischem "Staatsgebiet". Die Mittelgebirgs-Landschaft könnte schöner und abwechslungsreicher kaum sein. Immer wieder fällt auf, wie wunderbar man die Strecke variieren kann, indem man Varianten wählt: mal der Rennsteig Wanderweg, mal die Bike-Route, mal einen kleinen Singletrack als Abkürzung. Hier kommt jeder auf seine Kosten. Knackig steile Anstiege gibt es auch - sie sind aber eher selten, handelt es sich doch im Wesentlichen im einen Kammweg.

Das Mittagessen wollen wir natürlich in Thüringen einnehmen. Wir nähern uns einer Ortschaft namens Grumbach. Jedoch, vor die Thüringer Spezialitäten in einer Bauernstube (ja, wir sprechen von Bratwurst…) hat der liebe Gott die "Grumbacher-Wand" gestellt. Die meisten von uns drücken sich vor dieser schier unüberwindbaren Barriere. Norbert und Uwe meistern auch diese Herausforderung mit Bravour und werden mit zusätzlichen 38,5 Höhenmetern auf dem Tourenkonto belohnt.

Ab jetzt geht es bergab in Richtung Blankenstein. Dort endet, was vor 3 Tagen begann: eine unvergessliche Höhen-Biketour mit sympathischen, wetterfesten Freunden.

Gut Runst,


Eric