Schon ein paar Wochen her, da bekommen wir eine Eimal von Yaroslav, einem jungen Ukrainer. Sein Vater ist Sponsor von drei Eintagesrennen in der ukrainischen Hauptstadt Kiew. Unsere Medien würden seinen Vater einen kleinen Oligarchen nennen. Ihm gehört ein Bürocenter in Kiew. Allerdings nutzt er sein Einfluss, um etwas für sein Land, für die Jugend und den Sport auf die Beine zu stellen. So ein Oligarch ist uns recht sympathisch. Sein Problem: Die meisten Teams aus Westeuropa haben kein Interesse zu kommen, zu gefährlich erscheint ihnen die Lage aus Sicht der Medienberichterstattung. Sicher nicht ganz zu unrecht. Die Lage in der Ukraine war und ist nicht ganz einfach. Aber Yaroslav ist so bemüht, dass wir letztlich zusagen. Wir warten mit der Flugbuchung bis zum letzten Moment, nicht das sich die Lage noch massiv verschärft. Wir haben aber auch mit unseren bisherigen Reisen in „unsichere Gebiete“ gelernt, dass man wenig auf die Berichterstattung der Medien geben kann. Wer wissen will, wie es in einem Land wirklich ist, muss vor Ort sein.
Sehr neugierig und etwas verunsichert machen wir uns auf den Weg mit kleiner Delegation: DS Désirée, Karsten, Elmar, Matthias, Dan und Yannick. Untergebracht werden wir sehr nobel im President Hotel. Die Gäste des Hotels: Radfahrer und Menschen aus aller Welt mit OSZE Ausweisen. Für beide Seiten wohl ein befremdlicher Anblick. Kiew ist riesig, die Stadt bietet alles. Viel erinnert an ehemalige Ostblockzeiten aber auch modernste Hochhäuser prägen das Stadtbild. Vor allem ist die Wucht an historischen Prachtbauten im Zentrum beeindruckend, da können selbst Ludwigs-, Maximilian- und Prinzregentenstraße in München nicht mithalten. Wir machen uns auf den Weg zum Majdan. Der Platz der jüngste europäische Geschichte geschrieben hat und in aller Welt bekannt wurde. Als wir dort ankommen, wissen wir nicht was wir sagen und denken sollen. Wir kennen die Bilder aus dem Fernsehen. Heute stehen dort noch etliche Zeltlager, es fehlen die Steine im Boden, etliche Straßensperren blockieren weiter die Zufahrten. Es mischt sich normales Alltagsleben zwischen Demonstranten, die weiter verharren. Vor allem ist der Platz aktuell ein Gedenkplatz an das, was dort geschehen ist. Zerstört wurde wenig, abgefackelt wurde das Gewerkschaftsgebäude, das Mc Donald daneben blieb unbeschädigt. Aber gefährlich ist es hier nicht. Wir sind hier weit weg von den Geschehen an der russischen Grenze.
Wir sind hier um Radrennen zu fahren. Die Stadt wälzt sich über zahlreiche Hügel, die Straßen gehen ständig rauf und runter. In den nächsten Tagen werden wir lernen, dass 150km UCI Rennen auf einem Stadtrundkurs eine ganz schöne Quälerei werden kann. Wir können hier sportlich nichts ausrichten. Dan Craven fährt hier seine letzten Rennen für uns vor seinem Wechsel zu Europcar. Er ist jeden Tag aktiv um den Sprung in eine Spitzengruppe zu schaffen, wie auch viele andere. Auch Yannick schafft es immer mal wieder. Aber letztlich werden alle Rennen dominiert vom einheimischen Team Kolss. Egal wer vorne in der Gruppe ist, am Ende bleibt dort keiner übrig, jeden Tag kommen immer nur etwa 50 Fahrer ins Ziel.
Auch wenn wir sportlich dort nichts gerissen haben. Das Interesse an unserem Team war groß. Die ukrainischen Medien kamen immer wieder auf uns zu, wollten wissen was wir über die Ukraine denken, was die Idee unseres Teams ist. Kurzerhand wurden 3 unserer Fahrer ins ukrainische Frühstücksfernsehen geschickt. Yaroslav und sein Vater leisteten hervorragende Arbeit. Trotz der Situation in ihrem Land sind sie voller Motivation und Begeisterung und haben sich nicht davon abringen lassen das Rennen auch in diesem Jahr zu veranstalten. Damit hatten sie absolut recht, trotz aller Schwierigkeiten. In den Vorjahren ging ein Rennen über den Majdan, dies wäre dieses Jahr nur als Crossrennen möglich. Aber den beiden geht es nicht nur um ein Profirennen. Sie bemühen sich auch die Kids zum Sporttreiben zu bewegen. Unser Team wird eingeladen, erkrankten Kindern was über den Radsport zu erzählen. Die Kids stellen interessiert viele Fragen, während wir 10min vor dem Start des letzten Rennens langsam nervös werden. Wir beenden es mit der Übergabe von BIKE AID Trikots, über die die Kids herfallen. Anschließend im Rennen sehen wir unsere Trikots entlang der Strecke, getragen von Kindern, die uns begeistert anfeuern. In Kiew, 2.000km weg von Zuhause wissen wir, dass wir hier willkommen sind, dass dieses Land immer eine Reise wert ist.